Test: On-Ear Bluetooth Kopfhörer Beyerdynamic „Aventho wireless“

Der Spezialist mit Klang-Personalisierung

On-Ear Bluetooth Kopfhörer Beyerdynamic „Aventho wireless“ mit Klang-Personalisierung

Unser Hörvermögen leidet im Laufe des Lebens. Während wir im Kindesalter höchste Töne bis zu 20 kHz deutlich wahrnehmen können, sind es im hohen Alter bestenfalls noch 5-6 kHz. Umwelteinflüsse beschleunigen den Hochton-Hörverlust unter Umständen noch, sodass uns auch schon in der Mitte des Lebens viele feine Klänge in der Musik verborgen bleiben.

Das Konzept

Beyerdynamic startet mit dem „Aventho wireless“ den Versuch, die menschliche Hörschwäche bei Klängen aus dem Kopfhörer zu kompensieren und somit eine Musikwahrnehmung wie in jüngeren Jahren zu ermöglichen.

Mit Hilfe der App „MIY“ (Make It Yours), welche für IOS und Android verfügbar ist, absolviert der User zunächst einen für jedes Ohr getrennten Hörtest. Aus den Messwerten erstellt die App dann die Kurve des Hörvermögens (das Hörprofil), welche zur Klangkorrektur direkt im Kopfhörer gespeichert wird.

Diese wirklich Innovative Lösung bewirkt, dass die individuelle Klangoptimierung unabhängig vom angeschlossenen Audio-Quellgerät jederzeit zur Verfügung steht.

Mit Hilfe der „Tracking“- Funktion kann der User weiterhin sehen, wie sein Gehör durch lautes Musikhören strapaziert worden ist und seine Hörgewohnheit daran gesundheitsorientiert anpassen.


In unserem Test musste der aktuell mit 430 Euro gehandelte Aventho bei Personen im Alter von 30 bis 70 Jahren seine klangliche Performance beweisen und neben seinen praktischen Fähigkeiten auch zeigen, ob die Personalisierung mit einem nennenswerten klanglichen Vorteil verbunden ist.


Gestaltung und Verarbeitung

Auch beim Design geht Beyerdynamic beim Aventho neue Wege. Als On-Ear Headphone (geschlossen) für den mobilen Einsatz konzipiert, wirkt der Kopfhörer mit seinem Gewicht von gerade einmal 240 Gramm fast schon filigran. Durch die Verwendung hochwertiger Materialien und weitgehend perfekter Verarbeitung hinterlässt er optisch und haptisch einen der Preisliga entsprechend wertigen Eindruck. „Made in Germany“ eben.

Neue Wege: Das Design des Aventho wireless

Empfindliche Gemüter könnten allenfalls an den etwas scharfkantig ausgeführten Schalenbügeln Anstoß nehmen.

Gut gestaltete, aber etwas scharfkantige Schalenbügel

Bei Kabelbetrieb wird die Verbindung mit der rechten Schale über eine 3,5 mm Klinkenbuchse hergestellt. Der Stecker kann zwar nicht verriegelt werden, sitzt aber für normale Belastungen ausreichend sicher. Beim Transport verschwindet der Aventho in dem mitgelieferten Stoffbeutel. Für einen optimalen Schutz hätte man sich in dieser Preisklasse allerdings schon ein Hardcase vorstellen können.

Ausstattung und Funktionalität

Erfreulich, dass Beyerdynamic auch dem Aventho wireless die Tesla-Technologie spendiert hat. Diese basiert auf einem immens starken magnetischen Antrieb, der eine verfärbungsarme Wiedergabe mit niedrigem Klirrfaktor gewährleistet. Beste Voraussetzungen also für einen natürlichen, detailreichen Sound.

Neben der eingangs besprochenen Klangpersonalisierung glänzt die Ausstattung weiterhin durch Bluetooth der Version 4.2 mit aptX HD sowie einen kapazitätsstarken Akku, welcher einen mehr als dreißigstündigen Betrieb sicherstellen soll. In unserem Test konnte diese Akkulaufzeit bei normaler Lautstärke in etwa bestätigt werden. In nur 2 Stunden war der entladene Akku dann wieder vollständig aufgeladen. Ein sehr guter Wert.

Der Aventho besitzt zwar keine aktive Geräuschunterdrückung (Noise-Cancelling), die gute akustische Isolation sorgt aber dafür, dass der Kopfhörer-Sound durch Außengeräusche der Umwelt kaum gestört wird.

Die in einigen Foren beklagten Übertragungsaussetzer bei normalen Körperbewegungen konnten wir im Test nicht feststellen. Bis zu einer Entfernung von ca. 8 Metern bestand die Bluetooth-Verbindung bei verschiedenen Quellgeräten selbst durch eine Zwischenwand ohne jeden Aussetzer stabil.

Letztlich sei noch bemerkt, dass das Aventho wireless System im Bluetooth Modus selbstverständlich auch drahtlose Telefonie unterstützt. Dies sogar recht komfortabel.

Tragekomfort und Handling

Um es kurz zu sagen: Der Aventho passt auf mittelgroßen bis großen Köpfen ausgezeichnet! Hier drückt wirklich gar nichts und auch Brillenträger hatten im Test kaum das Gefühl, dass ein Kopfhörer auf ihren Ohren saß. Die sehr weiche Schalen- und Bügelpolsterung, das bestens bewegliche Doppelgelenk und der perfekte Anpressdruck sorgen für diesen hohen Tragekomfort. Selbst moderate sportliche Aktivitäten vermögen dem guten Sitz nichts anzuhaben.

Bei der Größenverstellung gleitet der Bügel geschmeidig, aber mit dem nötigen Widerstand über die Rasterung und ermöglicht so eine problemlose individuelle Anpassung.

Ohne Probleme gelingt die individuelle Größenanpassung

Der Aventho wireless wird im Bluetooth-Betrieb durch Druckbefehle und Wischgesten bedient. Hierzu stehen ein winziger Tast-Schalter und die als Sensorfeld ausgebildete Oberfläche an der rechten Schale zur Verfügung. Im Idealfall kommuniziert diese Touchfläche mit dem Quellgerät (z.B. Handy mit Android der Version 8), sodass wesentliche Funktionen wie z.B. das Scrollen in der Abspielliste oder die Fernsprechfunktion darüber gesteuert werden können. Die Touch-Empfindlichkeit ist sogar mit Hilfe der „MIY“-App modifizierbar.

Im Test klappte die Steuerung mit etwas Training recht gut.

Auch die Befehle über den Tast-Schalter nahm der Aventho willig entgegen und quittierte sie durch Aufleuchten der benachbarten LED. Leider bleiben einige Tast-Anweisungen, wie z.B. das Rücksetzen auf Werkseinstellungen, ohne Quittierungssignal.

Touchfeld und Bedienungselemente an der rechten Schale

Die Klang-Personalisierung gelang unter Android 8.0 mit der frisch installierten „MIY“ App problemlos. Nach dem Hörtest konnte das Hörprofil ohne Zwischenfälle an den Aventho weitergeleitet und zur Klangoptimierung aktiviert werden.

Die gut gestaltete Bedienungsanleitung für den Aventho, welche als PDF auf der Beyerdynamic-Homepage zur Verfügung steht, macht leider keine Angaben zur App-Handhabung. Deshalb ist es empfehlenswert, das dort angebotene Video genau anzusehen. So ist man mit seinen Handlungen auf der sicheren Seite.

Weiterhin erscheint es ratsam, vor der ersten Gerätekopplung ein Update der Aventho-Firmware durchzuführen. Ein Link dazu steht ebenfalls auf der Beyerdynamic-Homepage bereit.

Trotz allem traten im weiteren Testverlauf beim App-Handling Unzulänglichkeiten verschiedener Art auf. Da die klangsteigernde Wirkung des Hörprofils davon aber nicht betroffen war, halten wir dies für ärgerlich, aber verkraftbar. Dies auch unter dem Aspekt, dass Beyerdynamic für die nahe Zukunft ein Update angekündigt hat, welches die „MIY“ App umfassend optimieren soll.

Ein Hörprofil besteht aus sehr sensiblen persönlichen Daten. Es lohnt sich also, einen Blick in die Datenschutzerklärung zu werfen, welche unter „Rechtliches“ in der Homepage-Fußzeile zu finden ist.

Top Messwerte

Mit 2 x 32 Ohm Nennimpedanz und einem sehr guter Wirkungsgrad von 105 dB /1 mW wird der Aventho seinem Anspruch als Mobil-Headphone voll gerecht. Mit diesen Werten gibt es beim Anschluss moderner Smartphones oder Tablets keine Anpassungs- oder Lautstärkeprobleme.

Der Übertragungsbereich von 10 - 40.000 Hz geht weit über das menschliche Hörvermögen hinaus.

Der Frequenzgang zeigt sich vom tiefsten Bass bis in die höchsten Höhen weitgehend linear, zwischen 60 und 250 Hz konnten wir aber eine leichte Pegelerhöhung messen.

Eine solche Abstimmung lässt einen neutralen bis leicht warmen Klangcharakter erwarten.

Spitzensound durch Gehöranpassung

Wer einen personalisierbaren Bluetooth-Kopfhörer für recht viel Geld kauft, wird ihn im Normalfall auch mit diesen Funktionen benutzen wollen. Die Klangbeschreibung legt deshalb den für jeden Tester eigens personalisierten Kopfhörer zugrunde.

Während die jüngeren Tester mit altersgemäß gutem Hochton-Hörvermögen durch die Personalisierung nur leichte Verbesserungen im Klangbild ausmachten, stellten vor allem die älteren Testhörer eine deutliche Klangsteigerung hinsichtlich Transparenz und Durchhörbarkeit fest.

Auch Tester mit einseitiger Hörminderung bestätigten die klangsteigernde Personalisierungs-Wirkung.

Beim Durchhören der hochwertigen Stockfisch-Produktionen „Closer To The Musik Vol. 5“ in CD- Auflösung präsentierte sich der Klang des Aventho wireless am Smartphone angenehm ausgewogen, aber mit einem Schuss Grundtonwärme versehen. Die vielfältigen Gesangsstimmen des Albums ließen Präsenz und Nähe erfahren und wirkten ebenso authentisch wie ausdrucksstark.

Der Bass passte sich gut strukturiert und nie überbetont in das Klanggeschehen ein und erreichte bei entsprechen Tracks eine beeindruckende Tiefe. Lebendige, fein gezeichnete Höhen ohne jeden Anflug von Härten rundeten das Klangbild wohltuend ab.

Der feinsinnige Aventho war sich aber auch nicht für fetzige Rock- oder rhythmische Popmusik zu schade.

So brachte er den MP3-komprimierten Rock-Song „Sweet Jane“ von Lou Reed mit gehöriger Power und mitnehmender Dynamik ans Ohr der Tester.

Gut, dass das Hörprofil im Kopfhörer selbst gespeichert ist. So konnte der Aventho auch beim Wechsel zum High Res-Player FiiO- X3 Mark III seine volle Klangpotenz entfalten.

Mozarts „Violin Conzerto in D“ vom den FiiO in „High Res“-Auflösung dargeboten, geriet zu einem Erlebnis feinster Instrumentenklänge und dynamischer Orchesterwucht. Der Aventho nahm den Klassikfreund geradezu mit in den Konzertsaal und sorgte für eine angemessene Raumgröße und klare Instrumenten-Ortung.

Fazit

Mit dem Aventho wireless bringt Beyerdynamic ein innovatives Headphone-Konzept auf den Markt. Der im gehobenen Preissegment (ca. 430 Euro) angesiedelte Over-Ear Kopfhörer kann mit Hilfe einer App an das spezifische Hörvermögen des Nutzers angepasst werden und bietet mit dieser Soundoptimierung einen ausgezeichneten Klang, auch bei nachlassendem Hörvermögen.

Schwerhörigkeit in bestimmten Frequenzbereichen, wie sie z.B. nach einem Hörsturz auftreten können, vermag die Klang-Personalisierung allerdings nicht zu kompensieren.

Das Klangbild des personalisierten Aventho überzeugt durch Transparenz, natürlichen, leicht ins Warme tendierenden Klangfarben und feiner Detailzeichnung. Der gut strukturierte, tiefreichende Bass passt sich perfekt in das Klanggeschehen ein und wirkt nie überrepräsentiert.

Praxisgerechte Anschlusswerte und ein sehr guter Wirkungsgrad sorgen für ein problemloses Zusammenspiel mit modernen Mobilgeräten.

Ausführung und Verarbeitung befinden sich auf Preisniveau. Der Tragekomfort ist erstklassig und lässt sogar moderate sportliche Bewegungen zu.

Bluetooth der Version 4.2 mit aptX HD sowie ein kapazitätsstarker Akku, welcher einen Betrieb von mehr als 30 Stunden sicherstellt, bedeuten Ausstattung auf hohem Niveau.

Der Aventho wireless lässt sich mit Hilfe eines Touchfeldes an der rechten Schale komfortabel bedienen.

Die Personalisierung verlief im Test reibungslos und das installierte Hörprofil sorgte für einen personenbezogenen Klanggewinn. Beim Handling der Personalisierungs-App „MIY“ traten jedoch einige Unzulänglichkeiten auf, die jedoch nicht die Profilwirkung betrafen und somit verkraftbar erscheinen.

Das von Beyerdynamic für die nahe Zukunft angekündigte Update wird die „Miy“-App weiter optimieren.

Das innovative Konzept und die überzeugende Gesamtleistung des Aventho wireless rechtfertigen Preis von 430 Euro allemal. Vor allem für HiFi-Freude mit schwächelndem Gehör dürfte die Investition in diesen Kopfhörer eine überaus lohnende Ausgabe darstellen.


Hinweise zur Bewertung

Die Bewertungskriterien basieren auf Art und Bauform des Kopfhörers.
Die Bewertung steht in Relation zum Preis.
Der Beyerdynamic Aventho wireless wird online aktuell für ca. 430 Euro angeboten.

Bewertung

Gestaltung und Verarbeitung8,5 von 10 Punkten
Handling Kopfhörer und App7 von 10 Punkten
Ausstattung und Funktionalität 8,5 von 10 Punkten
Daten und Messwerte10 von 10 Punkten
Bass-Performance19 von 20 Punkten
Neutralität/ Ausgewogenheit9 von 10 Punkten
Transparenz des Klangbildes 9 von 10 Punkten
Gesangsstimmen und Sprache 10 von 10 Punkten
Qualität der Höhen10 von 10 Punkten

Gesamt:

91 /100 Punkte
Note:1,4
Testurteil: sehr gut


Bewertungs-Schlüssel:
Punkte: 100 - 91Note: 0,6 - 1,4 Testurteil: sehr gut
Punkte: 90 - 80Note: 1,6 - 2,4 Testurteil: gut
Punkte: 79 - 67Note: 2,6 - 3,4 Testurteil: zufriedenstellend
Punkte: 66 - 50Note: 3,6 - 4,4 Testurteil: mäßig
Punkte: 49 - 0Note: 4,6 - 6,0 Testurteil: unzureichend