Neuer Netzteilstecker für Grafikkarten mit bis zu 300W Leistungsaufnahme

Seite 3: Der 6+2-Stecker im Detail

Pinkompatibel zum 6-Pin Stecker
Der neue 6+2-Stecker ist bei den ersten sechs Pins identisch zum bisherigen 6-Pin PEG Stecker. Da die zwei zusätzlichen Pins abtrennbar sind, lässt er sich somit auch für bisherige Grafikkarten verwenden. In wie weit dies umgekehrt auch möglich ist, bleibt abzuwarten (siehe unten).


Nicht mehr 12V-Leitungen als ein 6-Pin Stecker
Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die zwei zusätzlichen Pins bzw. Leitungen des 6+2-Steckers Masseleitungen sind. Zusätzliche 12V-Leitungen sind allerdings auch nicht notwendig. Eine normale PCI-Express Grafikkarte bezieht bis zu 75W über das Mainboard. Dieses wird lediglich über zwei 12V-Leitungen vom 24-Pin ATX-Stecker her versorgt. Folglich müssen zwei Leitungen für 75W aureichen, macht exakt 3.125A pro Leitung bei 12V. Eine Grafikkarte mit einem 6-Pin und einem 6+2-Stecker verfügt über sechs zusätzliche 12V-Leitungen für zusätzliche 225W, macht ebenfalls exakt 3.125A pro Leitung. Es scheint deswegen so, dass die zwei zusätzlichen Masse-Pins einen anderen Grund besitzen.


Busrauschen: wieso die Masse so wichtig ist
Als Masse wird in der Elektronik das Bezugspotential bezeichnet. Üblicherweise ist das ein Leiter, dessen Spannung auf 0V festgelegt wurde. Im PC ist die Masse zugleich auch geerdet. Das Gehäuse des Netzteils ist mit dem Erdleiter verbunden, und das PC-Gehäuse mit dem Netzteilgehäuse. Außerdem sind alle schwarzen Leitungen vom Netzteil ebenfalls mit dieser Masse verbunden, also Masseleitungen.
Jeder Leiter hat aber auch einen (kleinen) Widerstand. Fließt viel Strom durch einen Leiter, fällt folglich auch etwas Spannung ab. Im Falle des Plusleiters von Versorgungsspannungen (z. B. 12V) ist das vielfach nicht sehr tragisch, da es Toleranzen gibt. Es macht nichts, wenn die Spannung etwas tiefer ankommt. Fällt aber an einem Masseleiter Spannung ab, ist das im PC schon kritischer. Was als 0V definiert ist, ist auf einmal nicht mehr 0V sondern vielleicht 0.05V, abhängig von der Stromstärke und daher Schwankungen unterworfen. Dies verursacht vor allem bei der Übertragung von sehr kleinen Signalen Probleme, etwa der Datenleitung von der Grafikkarte zum Mainboard. Das Mainboard ist an mehreren Punkten mit dem Gehäuse elektrisch verbunden und der ATX-Stecker besitzt viele Masseanschlüsse, folglich ist das Massepotential von 0V gegenüber Erde auf dem Mainboard sehr präzise. Die Grafikkarte hingegen, die sehr viel Leistung bezieht und verhältnismäßig schlecht mit dem Gehäuse elektrisch verbunden ist, könnte durch Leitungswiderstände ein höheres Massepotential aufweisen. Dieses höhere Potential überlagert dann die Signale der Datenleitung zum Mainboard und erzeugt ein „Busrauschen“, das die Signalqualität beeinträchtigt und das System instabil machen kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass es keine Potentialunterschiede zwischen Grafikkarte und Mainboard gibt. In Folge dessen sind Masseleitungen wichtiger als 12V-Leitungen.


Die zwei zusätzlichen Pins als Kennung?
Ein andere Überlegung: Da ein normaler 6-Pin Stecker sich aufgrund der Pinkompatibilität auch in eine achtpolige Buchse einer 300W-Grafikkarte stecken lässt, liegt der Verdacht nahe, dass die zwei zusätzlichen Massepins des 8-Pin-Steckers auch als Erkennungszeichen dienen könnten, dass das Netzteil über ausreichend Leistung zur Versorgung der Grafikkarte verfügt. Denkbar wäre, dass, falls nur zwei 6-Pin Stecker eines älteren Netzteils an eine 300W Grafikkarte angeschlossen werden, diese den Umstand registriert und sich automatisch heruntertaktet, um unter einen Verbrauch von 225W zu kommen. Ob dies tatsächlich so gedacht ist und ob dies auch so umgesetzt wird, bleibt abzuwarten, bis entsprechende Grafikkarten im Handel erscheinen. Jedenfalls wäre so ein Quasi-Schutz vor Überlastung des Netzteils leicht durch eine kleine Modifikation am Stecker zu umgehen, was sicher auch gemacht werden wird, falls es nicht ohnehin Adapterkabel von 6-Pin auf 6+2-Pin Stecker geben wird.




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