HDTV unter der Lupe

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Was bringt HDTV?

‚High Definition’ -Video und -TV steht heute grundsätzlich für hochauflösende Fernsehbilder im 16:9 Format mit 720 oder 1080 Bildzeilen. HDTV an sich sagt noch nichts über die Übertragungsweise, analog oder digital aus, und im Falle der digitalen Übertragung auch noch nichts über das Kompressionsverfahren.
Trotzdem wird aufgrund der dafür nötigen Bandbreite das heutige HDTV niemals analog gesendet werden, und bei der digitalen Übertragung wird sich mittelfristig MPEG-4 durchsetzen, da MPEG-4 bei gleicher Bildqualität eine höhere Datenkompression erlaubt als das MPEG-2, wie es beim heutigen PAL-DVB und auf der DVD-Video zum Einsatz kommt.

Unterschiede zu PAL:

PAL steht für das Farbübertragungsverfahren der hierzulande üblichen 625-Zeilen-Fernsehnorm.
Die PAL-Norm von Grund auf zu erklären um es dem neuen HDTV gegenüberstellen zu können ist etwas kompliziert, wir versuchen es im Wesentlichen trotzdem:
Das PAL-Fernsehbild besteht aus 625 Zeilen (25 Bilder pro Sekunde), wovon aber netto nur 576 Zeilen effektiv das Bild beinhalten; auf den übrigen Zeilen werden Synchronisationsimpulse und Prüfzeilen zur Justage des Strahlstroms bei Röhren-Fernsehgeräten übertragen, sowie -sofern vorhanden- Teletext- und TV-Guide-Informationen, 16:9 (Pal-Plus) Kennung und VPS (Video Programming System).
Von diesen 576 Bildzeilen wird nur immer jede zweite auf einmal gesendet, also 50 Halbbilder mit 288 Zeilen pro Sekunde (Zeilensprungverfahren). Dieses Verfahren war technisch einfacher umzusetzen, als wenn 25 Vollbilder pro Sekunde gesendet würden, die dann aber zwingend mindestens je zweimal aufgebaut werden müssten, weil eine Bildwechselfrequenz von nur 25Hz unzumutbar stark flimmern würde.
So weit so gut, die alte Fernsehnorm hat somit eine Vertikale Auflösung von 576i, das ‚i’ steht für ‚interlaced’ und ist das englische Wort für das genannte Zeilensprungverfahren.
Die Horizontale Auflösung (also wie viele Bildpunkte sich auf einer Zeile befinden) ist jedoch noch weniger einfach zu nennen, da sie von mehren Faktoren abhängt:
Bei der analogen Übertragung steht eine Bandbreite von bestenfalls maximal 5.5MHz für das Videosignal zur Verfügung. Um auszurechnen, was das für eine theoretische Auflösung ergibt, rechnet man die Videofrequenz durch die Zeilenfrequenz. Die Zeilenfrequenz ist die Anzahl Zeilen pro Bild mal die Anzahl Bilder pro Sekunde, also 625 * 25 = 15'625 Zeilen pro Sekunde.
Das ergibt eine horizontale Auflösung von 5'500'000 / 15'625 = 352. Das kann man jetzt noch mal zwei rechnen, weil sich bei analoger Übertragung mit einer einzige Sinuswelle die beiden Helligkeitsextreme schwarz und weiß darstellen lassen, also praktisch zwei Pixel mit allerdings miserabler Schärfe.
Unter dem Strich kommt man also mit viel gutem Willen auf theoretisch 704 Pixel horizontaler Auflösung bei analogem PAL.
Praktisch erreicht man das bei analogem Fernsehempfang nur bei teuren 100Hz Fernsehern mit Kammfilter und bei Standbildern oder reinen Schwarz-Weißsendungen. Bei normalen Fernsehern und Farbsendungen geht die Farbübertragung zu lasten der Helligkeitssignale und damit der Auflösung. Es bleiben nur noch rund 3.5 MHz was etwa 448 Pixel ergibt.
Dies ist einer der Hauptgründe, wieso Filme ab DVD oder allgemein digital empfangene Programme deutlich besser aussehen (optimale Verkabelung von DVD-Player bzw. Set-Top-Box mit dem TV vorausgesetzt), hier beißen sich nämliche die Farb- und die Helligkeitsinformationen nicht und man hat als kleine Zugabe sogar wahlweise eine noch höhere horizontale Auflösung von 720 Bildpunkten.
Fassen wir bis hier mal zusammen: PAL hat bei einer vertikalen Auflösung von 576i eine horizontale Auflösung von 448 (analoger TV Empfang), 704 oder 720 Pixel. Einige Videobearbeitungsprogramme für den PC bieten auch die Auflösung 768x576 an, da rechnerisch bei korrektem 4:3 Seitenverhältnis eine Zeilenzahl von 576 eine horizontale Auflösung von 768 Pixeln ergäbe (576 * 4 / 3).
Damit kommen wir zum nächsten Problem, mit dem die PAL-Norm zu kämpfen hat: Das Bildformat.
Langsam aber sicher setzt sich auch in normalen TV-Sendungen das 16:9 (Kino-)format durch. Alle Kameras in den Fernsehstudios, insbesondere natürlich die neuen, HDTV-tauglichen, können dieses Format aufzeichnen. Der einzige Grund, wieso nicht alle neuen TV-Sendungen 16:9 gesendet werden, ist der, dass zu viele Leute noch ein 4:3 Röhrengerät besitzen.
Was passiert nun aber mit der vertikalen Auflösung bei einer 16:9 Sendung? Bei einem 4:3 Fernseher hat man einfach weniger Zeilen! Entsprechend dem Verhältnis ergibt das eine vertikale Auflösung von 432i. Bei einem 16:9 Fernseher stellt sich die Frage, ob er PALplus-tauglich ist oder nicht. Kann er PALplus, bringt er trotzdem die Auflösung von 576x720, was dann aber natürlich rechteckige Pixel gibt. Da die horizontale Auflösung unverändert bleibt, bringt PALplus insofern wenig, da die Auflösung des menschlichen Auges in der Horizontale eigentlich besser ist, als in der Vertikale. Selbstverständlich wirkt die schlechte horizontale Auflösung bei 16:9 PAL-Sendungen nur bei statischen Bildern und auf großen Bildschirmen richtig störend. Mit ein Grund, wieso bei der Präsentation von Röhrenfernsehern eher bewegte Bilder gezeigt werden, bei hochauflösenden LCD- und Plasmageräten jedoch eher statische Bilder, wo die beachtliche Schärfe besser zur Geltung kommt.
Kommen wir aber nun zurück in die Zukunft, zum HDTV. Bei HDTV gibt es derzeit zwei Standardauflösungen: 720p (p steht für progressiv, also Vollbilder, kein Zeilensprung!) und 1080i. Im PC- und Profibereich wird es parallel dazu auch 1080p geben, was aber wiederum aufgrund der hohen Datenmenge für Sendeanstalten nicht interessant ist und somit vorerst sicher nicht gesendet werden wird.

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Die horizontale Auflösung entspricht bei HDTV genau dem Seitenverhältnis von 16:9. Also bei 720p sind das 1280 und bei 1080i 1920 Bildpunkte. Hier kann man erfreulicherweise sagen, dass dies durchaus gut gewählte Auflösungen sind, da die kleinere 720p nicht schlecht mit dem derzeit verbreiteten SXGA (1280x1024) zusammenpasst und 1080p könnte sich vielleicht sogar als eigener Standard auch im PC-Bereich durchsetzen.
Wer bis jetzt alles verstanden hat, dem wird klar, dass HDTV von der Auflösung und Schärfe her eine Revolution des Fernsehens bedeutet.
Wen nicht alles verstanden wurde, ist das auch nicht weiter schlimm, die folgende Tabelle gibt eine Übersicht zu den wichtigsten Unterschieden:

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Wie man sieht, wurde mit HDTV 1080i die Megapixelgrenze beim Fernsehen geknackt. 1080i bietet zum Vergleich bei 16:9 Sendungen zehnmal so viele Bildpunkte wie das bisherige PAL, und immerhin fünfmal so viele Bildpunkte wie das wenig genutzte PALplus.

Für wen das alles zu gut klingt, um wahr zu sein, dem seien unter vorgehaltener Hand ein paar Abstriche der HDTV-Zukunft genannt. So wird mit dem breiten Aufkommen von HDTV-Sendern in wenigen Jahren wie schon erwähnt das Kompressionsverfahren von MPEG-2 auf MPEG-4 umgestellt werden. Ob MPEG-4 bei den angepeilten Datenraten die Bildqualität nicht ein wenig schmälert, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird laut [1] die Farbauflösung bei nicht-professionellen HD-Aufzeichnungen (und somit wahrscheinlich auch bei normalen Fernsehausstrahlungen) mit 4:2:0 verhältnismäßig schlechter ausfallen als bei bisherigen DVD/DVB-Formaten mit 4:2:2.
4:2:0 bedeutet, dass bei einem Pixelblock von 2x2 Pixel, alle die gleiche Farbe haben (sie können natürlich trotzdem unterschiedliche Helligkeitswerte haben). Anders ausgedrückt: die höhere Auflösung bezieht hauptsächlich auf die Helligkeitswerte, die Anzahl der Farbwerte pro Bild beträgt dagegen nur ein Viertel der Anzahl Bildpunkte.
Das ist jedoch an sich nicht weiter schlimm, das menschliche Auge hat viel weniger Zäpfchen (für die Farbauflösung) als Stäbchen (für die Helligkeitswahrnehmung), somit sieht es den Unterschied praktisch nicht. Anstößig ist allenfalls, das bei HDTV mit ach so viel höherer Auflösung geworben wird, während stillschweigend Abstriche bei der Farbauflösung gemacht werden.

Betrachten wir die unterschiede mal an einem Beispiel:

Die Screenshots stammen von einer Demosendung von Euro1080 [2], dem einzigen Sender, der seit dem 1.1.2004 über Astra in Europa HDTV ausstrahlt.
(Andere Sender wie zum Beispiel ProSieben sendeten zwischenzeitlich auch schon probeweise einzelne Filme in HDTV).

euro1080

(*klick* zum vergrößern)


Ein Konzert, das auch mal was für das Auge des Zuschauers daheim bietet.


pal compare


Ein Ausschnitt auf PAL-Auflösung reduziert






hdtv compare


Derselbe Ausschnitt in voller Auflösung.




Auf den ersten Blick vielleicht etwas ernüchternd, auf den zweiten Blick fällt das Mehr an Schärfe jedoch auf, wenn man die Notenständer betrachtet.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass das obere Bild natürlich das absolute Optimum des mit PAL möglichen darstellt. Schließlich handelt es sich um eine HDTV-Quelle. Hätte man das PAL Referenzbild mit einer normalen DV-Kamera gefilmt, würde der Unterschied noch etwas stärker ausfallen.

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