Computerspielsucht

(Heise/TR aktuell 16.11.05 "Droge Videospiel")
?Sobald man einem Raucher ein Feuerzeug zeigt, bekommt er Lust auf eine Zigarette. Ähnliche physiologische Vorgänge kann man auch in den Gehirnen von Video- und Computerspielefreunden beobachten, die ihr Hobby exzessiv betreiben, sagt die Forscherin Sabine Grüsser-Sinopoli vom Berliner Universitätsklinikum Charité. Sie hat damit ein neues Argument für diejenigen geliefert, die eine Suchtgefahr in Videospielen sehen ? eine Debatte, die bereits seit Jahren tobt. (?)

Entsprechende Forschungsergebnisse Pro- und Contra Videospielsucht machen bereits seit mehr als zehn Jahren die Runde. Suchtexperten sagen, dass nahezu jede für den Menschen aufregende Aktivität zur Sucht werden kann, die den normalen Tagesablauf aus Arbeit, Schule, Schlaf oder Zeit mit der Familie unterbricht. Die Frage sei nur, ob die Gesellschaft das Eintauchen in Videospielwelten mit einem echten Suchtrisiko wie dem nach Drogen oder Alkohol gleichsetzen wolle. (?)

In früheren Arbeiten zeigte Grüsser-Sinopoli, dass Heroin-Süchtige, Alkoholiker und Spielkranke auf Suchtauslöser ähnlich reagieren wie auch starke emotionale Stimulanzien wie unzüchtige Bilder. Die Auslöser werden als angenehm empfunden. Nichtsüchtige reagieren hingegen neutral. "Man sieht den Auslöser und nimmt sofort ein Bedürfnis wahr", sagt Grüsser-Sinopoli. Es sei weniger ein bewusster Prozess, als eine Reaktion des physiologischen Systems. Exzessive Spieler könnten eine ähnliche Verbindung entwickeln.
Andere Experten sind vorsichtiger, die Lockfunktion von Videospielen mit der von suchtfördernden Drogen gleichzusetzen. "Videospiele sind keine Droge. Es ist ein Freizeitaktivität wie Sport", meint Kurt Squire, ein Bildungsforscher an der University of Wisconsin in Madison. "Spiele ziehen die Leute an und hüllen sie ein", ergänzt er, "aber der Punkt, an dem irgendjemand dies mit einer Drogenerfahrung vergleichen könnte, wird nur ganz selten erreicht."?

Kommentar:
Einmal mehr werden also Computerspiele in ein zweifelhaftes Licht gerückt. Der Einfluss von Computerspielen auf das soziale Verhalten und die schulischen Leistungen von Kindern und Jugendlichen ist seit je her ein sehr kontrovers diskutiertes Thema. Während die ?Ankläger? der Computerspiele häufig mit Vorurteilen und Pisa-Studien aufwarten, verteidigen die Computerspieler selber ihr Hobby mit den Begründungen, dass virtuelle und wirkliche Realität sehr wohl unterschieden werden könnten, dass beispielsweise Ego-Shooter eher als Ventil (mit positivem Nutzen) denn als Ursache der Aggressionen zu sehen seien und dass die virtuelle Welt das abstrakte Denken fördere.

Tatsache ist, dass Computerspieler häufiger Schwierigkeiten in der Schule haben als Schüler mit anderen Hobbies. Die Gründe hierfür liegen aber weniger in der Intelligenz (auf diese haben Computerspiele offenbar tatsächlich eine eher positive Auswirkung), sondern darin, dass die Betroffenen unverhältnismässig viel mehr Zeit mit dem Computer als mit Hausaufgaben zubringen.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob man das Computerspielen zu den Suchten zählen soll denn doch nicht unberechtigt. Allerdings wäre die Frage nach den Ursachen einer allfälligen Computerspielsucht sicher konstruktiver als ein allfälliger Gesetzestext zum Computerspielkonsum von Minderjährigen. Schliesslich wird ja nicht jeder, der ab und zu mal ein Videospiel spielt sogleich süchtig, wie das bei anderen Suchtmitteln teilweise der Fall ist. Man mag spekulieren, ob vielleicht bestehende Probleme im sozialen Umfeld oder in der Schule/Arbeit der Grund sind, wieso Jugendliche sich in die Welt der Computerspiele flüchten. Frei nach dem Motto: ?kein Alkohol ist auch keine Lösung? wäre es sicher nicht richtig, bei einer Computerspielsucht die Computerspiele im Allgemeinen zu verteufeln, wenn erstens die Gründe der Sucht höchstwahrscheinlich nicht immer in der Sache selbst liegen und andererseits die Risiken von physischen und psychischen Schäden im Vergleich zu Drogen, Alkohol oder Tabak doch relativ gering sind ? ein gewisses Mass natürlich vorausgesetzt; bei Minderjährigen wäre es dann aber ohnehin an den Eltern, den Konsum von Computerspielen zeitlich etwas einzugrenzen bzw. ein gesundes Verhältnis zu körperlichen Aktivitäten durchzusetzen.

Darin liegt denn wohl auch die Crux mit dem Medium Computer(spiele), welches dasselbe ist wie beim Fernseher: Es ist zuhause uneingeschränkt verfügbar, über einen On/Off-Schalter jederzeit konsumierbar, einmal von der ?Sucht? befallen eine permanente Ablenkung, wenn man sich im selben Raum befindet.
[et]
Quellen siehe related links weiter unten

Humor zum Thema von quake.de:
Du weisst, du spielst zuviel Quake wenn...
? Deine sozialen Kontakte sich auf #quake.ger beschränken
? Du gelbe Hosen und grüne Hemden trägst
? Dein Ehering Dich unsichtbar macht
? Du dem Rentnerehepaar im Park "fucking Campers" zurufst
? Dich von einem Gebäude stürzt und nur grunzt
? Du Deine Frau fragst, ob sie die Red Armor schon gebügelt hat
? Du Deinen Namen offiziell in "EA-Scorpi" geändert hast
? Du um 12 Uhr mittags alleine im IRC channel #quake.ger rumhängst
? Du einen account bei 5 verschiedenen Internet Providern hast
? Du mehr fürs Telefon als für die Miete ausgibst
? Du aufstehst und vor Deinen Augen die Nachricht erscheint "Welcome to the Life Quake Server. Type help-server for mods available in Life"
? Du denkst Du kannst die Probleme dieser Welt mit einem Raketenwerfer lösen
? Du nachts umherwanderst und den Regler für die Gamma-Correction suchst
? Schatzi, Mausi und Engelchen die Namen Deiner Reaper-Bots sind
? Du über eine rote Ampel fährst und dem Richter erzählst Du hättest ein Lag gehabt
? Du bei der Telefonseelsorge dem Selbstmordkandidaten sagst "Tu es nicht, Du verlierst ein Frag!"
? Du eine Liste wie diese machst
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