Gamescom 2012 - Revolution der Spieleindustrie durch Free-to-Play Titel

Die Gamescom hat als weltweit größte Messe für interaktive Spiele und Unterhaltung die Aufgabe, Gamer, Fachbesucher und Hersteller miteinander zu verbinden. Sie kann jedoch noch sehr viel mehr als auf den ersten Blick klar wird: Die Gamescom bildet Trends ab und kein Trend war bisher so deutlich, wie die Entwicklung der Spielindustrie hin zu Free-to-Play Titeln.

Was auf den Pressekonferenzen von Electronic Arts und Ubisoft wie ein schlechter Scherz wirkt, hat schon längst in die Gaming-Welt Einzug gehalten und wird weiter ausgebaut. Die Rede ist von Free-to-Play oder auch Pay-to-Win Titeln. Activision, der derzeit größte Videohersteller der Welt, beginnt mit der Einführung eines Free-to-Play Titels. Crytek will nach Beendigung der noch ausstehenden Entwicklungen, wie Crysis 3, komplett auf Free-to-Play Titel umsteigen. Diese und ähnliche Meldungen sind am laufenden Band im Internet zu finden. Doch was hat es mit Free-to-Play auf sich? Wie wollen Publisher und Entwicklerstudios an Gratis-Titeln Geld verdienen? Welche Auswirkungen hat der Umstieg für Publisher und Gamer? Im Folgenden möchte ich versuchen diese Fragen zu klären und ein wenig Licht in die Finanzierungsmodelle der Free-to-Play Generation bringen.

Was ist Free-to-Play?
Gratis-spielen löste bis vor kurzem vor allem drei Assoziationen aus: Demos, Betas und illegale Kopien. Auf einmal ist die Spielindustrie jedoch bereit, ihre Spiele zu verschenken. Doch wo kommt das Geld für die Produktionskosten her und wie kann aus einem Gratis-Spiel auch noch Gewinn gezogen werden? Publisher und Entwickler haben die Hoffnung, dass Gamer zukünftig für Abkürzungen, Items oder besondere Fähigkeiten bezahlen werden, um sich gegenüber Mitspielern Vorteile zu sichern. Dieses System ist bereits in vielen Browsergames und MMORPGs wie Herr der Ringe Online umgesetzt. Gamer erhalten also die Möglichkeit, an Spielen schon zur Alpha-Phase teilzunehmen und bei gefallen, den Hersteller zu unterstützen, um die Entwicklung weiter voran zu treiben. Das klingt doch erst mal für die Gamer gar nicht schlecht, ist aber ein Albtraum für jeden klassischen Publisher, da das bisherige Verhältnis von Gamer und Hersteller auf den Kopf gestellt wird.

Systemfolgen:
Gamer werden stärker einbezogen, wobei eine unzureichende Qualität, schlimme Auswirkungen für den Publisher haben kann. Bisher regten sich Kunden bei einem schlechten Spiel über die Fehlinvestition von 50 Euro auf. Für Publisher wird zukünftig, statt der Verkaufszahlen, die Spieleranzahl die wichtigste Währung sein. Sollten Gamer einen Free-to-Play Titel ablehnen, steht der Publisher vor ungedeckten Kosten für das gesamte Vorhaben. Mit diesem Wissen sollte klar sein, warum sich Publisher bisher distanziert zur Free-to-Play-Entwicklung gestellt haben. Umso bedeutender sind nun die Pressekonferenzen der Gamescom, bei denen ein klarer Trend in Richtung der Free-to-Play Titel erkennbar ist.

Publisher:
Durch Free-to-Play Titel haben Entwicklerstudios die Möglichkeit sich von ihren Publishern abzugrenzen. Für die Publisher bedeutet dies, dass mehr denn je ihre Rolle zur Diskussion steht, da Entwicklerstudios zukünftig nicht länger auf ihre Dienste angewiesen sind. Die Folge ist das panische aufkaufen von Spielschmieden, wie man es gerade bei der Branchengröße Electronic Arts mitverfolgen kann. Das Schlucken der Schmieden soll die Abnabelung der Schmieden, durch die Erschaffung einer eigenen Entwicklungsstruktur, verhindern. Für die Publisher ist der Free-to-Play-Trend also mit der Notwendigkeit zur schmerzlichen Umwandlung gängiger Geschäftsmodelle verbunden, wobei der Ausgang von dieser Transformation noch völlig in den Sternen steht. Am Ende könnte durchaus eine Revolution stehen, bei der die Free-to-Play-Pioniere von heute die Dinosaurier unter den aktuellen Top-Publishern in Rente schicken.

Gamer:
Das Free-to-Play Modell scheint für Gamer nur Vorteile mit sich zu bringen, da sie spielen ohne zu bezahlen und sich auch nicht länger mit sinnfreien Produkten, wie kostenpflichtigen DLCs, herum ärgern müssen. Doch ist das wirklich so? Kurz und knapp: Nein. Free-to-Play ist in Wahrheit meistens Pay-to-Win. Das bedeutet, dass Gamer immer häufiger Geld investieren müssen, um sich Ingame-Items oder -Funktionalität zu kaufen, wenn sie mit den anderen Mitspielern mithalten möchten. Sollten sich die Free-to-Play Titel durchsetzen, werden qualitativ hochwertigere Pay-to-Play Titel schon bald der Vergangenheit angehören. Um die Gamer dauerhaft an die Publisher zu binden, kommen auch immer mehr die kleinen Geschwister von Facebook zum Einsatz. Diese wären zum Beispiel Battle.Net (Blizzard), Origin (EA) oder UPlay (Ubisoft).

Finanzierungsmodelle:
Derzeit stehen in der Online-Welt drei unterschiedliche Finanzierungsmodelle zur Verfügung.
Das erste Finanzierungsmodell spiegelt den Gedankengang der Gamer wieder. Hier soll der Gamer ohne Einsatz von Geld auf Dauer Erfolg haben. Somit liegt das Finanzierungsrisiko beim Anbieter und der Vorteil beim Gamer. Ein solches Modell kann sich natürlich nur durchsetzen, wenn es genügende Gamer gibt, denen das Spiel genug Wert ist, um es finanziell zu unterstützen. Dieses Modell kommt auf Grund seiner Risiken meist nur bei Hobbyprojekten zum Einsatz.

Das zweite Modell basiert auf der Verwendung von Premium Accounts beziehungsweise einer periodischen Grundgebühr. Die Gamer können hierbei selbst festlegen, welche Spielvorteile sie kostenpflichtig erwerben möchten. Hier haben klar die Gamer mehr Erfolg, die für das Spiel bezahlen. Den Umfang der Vorteile legen die Anbieter fest. Es gibt auch Spiele, bei denen keine Vorteile vorhanden sind und dem Gamer nur erweiterter Content zur Verfügung gestellt wird. Ist der Vorteil nur gering, können auch Gamer Erfolg haben, die einfach mehr Zeit in das Spiel investieren.

Im letzten Modell hat Erfolg, wer nicht nur einmal Geld einsetzt um einen Premium Account zu kaufen, sondern nochmals um sich Items zu kaufen um besser zu sein als andere Premium Spieler. Dieses Modell wird von den meisten Anbietern genutzt, da der Vorteil eindeutig beim Anbieter liegt und nicht beim Gamer, selbst nicht beim Premium Gamer.

Beispiel:
Blizzard treibt dieses Verfahren noch weiter zum Pay-to-Play und Pay-to-Win Modell in Diablo 3. Der Kunde zahlt einmal für das Spiel und wird nochmal im Auktionshaus Geld ausgeben müssen, um sich im PVP-Modus über Wasser halten zu können. Dieses Geschäftsmodell ist im Grunde also nichts anderes als eine große Abzocke und die Gamer lassen es mit sich machen.

Wer kann mir eigentlich versichern, dass Blizzard es nicht gerade darauf abgesehen hat und die Dropraten tatsächlich so angelegt sind, dass das Auktionshaus genutzt werden muss? Ja, wer könnte belegen, dass Blizzard am Ende nicht selbst Items über das Auktionshaus verkauft und mit dem Echtgeld-Auktionshaus so Einnahmen über die Transaktionsgebühr hinaus generiert? Der Gedanke ist beklemmend, weil dahinter ein System stünde, das jeden Spieler – ob er nun tatsächlich zahlt oder nicht – einschränken würde. Ich hoffe, Blizzard belehrt mich hier durch Taten eines besseren


Fazit:
Im Endeffekt schaden die Free-to-Play Spieler sich selbst, wenn wenige etwas für ein Spiel zahlen umso weniger Geld steht den Entwicklern zur Verfügung um die Produkte weiter zu verbessern. Somit werden viel bessere Pay-to-Play Spiele schon bald von der Bildfläche verschwinden. Gamer sollten sich bewusst sein, dass durch ihre Entscheidungen der Qualitätsstandard entweder hoch oder niedrig ausfällt.
Veröffentlicht:

Kategorie: PC-Spiele
Kommentare: 0