Im Test: Phono-Vorverstärker Cambridge Solo (Moving Magnet)

Britischer Feingeist

Test: MM Phono-Vorverstärker Cambridge Solo

Vinyl liegt wieder voll im Trend. Vor allem Freunde highendiger Klänge wenden sich immer stärker der modernen Schallplattenwiedergabe zu. Leider steht auch an Spitzenklasse-Verstärkern oftmals keine Phono-Sektion zur Verfügung, die zur Verarbeitung der analogen Tonabnehmersignale notwendig wäre. Das britische Unternehmen Cambridge Audio trägt diesem Umstand Rechnung und bringt mit dem „Solo“ eine zeitgemäß konzipierte MM Phono-Vorstufe auf den Markt, die auf hohe klangliche Anforderungen ausgerichtet ist.



Gestaltung und Verarbeitung

Es ist eigentlich zu schade, das hübsche Kästchen mit den Maßen eines dickeren Taschenbuches hinter einem stattlichen Verstärkergehäuse verschwinden zu lassen. Der kleine Phonoverstärker zeigt sich nämlich modern gestylt und bestens verarbeitet. Er hat somit einen gebührenden Platz im Sichtbereich verdient.

Die schlichte Front mit der On/OFF-Taste, welche im Zentrum von einer weißen LED unterstützt wird

Auf der Rückseite sind die Chinch-Buchsen für den Eingang und den Ausgang angebracht. Zum Ausgleich von etwaigen Pegeldifferenzen zwischen den Stereosignalen des Tonabnehmers hat Cambridge dem Phonoverstärker einen kleinen, gut erreichbaren Regler spendiert.

Die Rückseite des Solo trägt die Anschlüsse und den Balance-Regler

Vor allem aber können sich die inneren Zutaten des Phonokästchens sehen lassen. Ein modernes Schaltnetzteil sorgt zunächst für hochstabile und saubere Versorgungsspannungen für die Verstärkerelektronik. In den strikt getrennten Stereo-Zweigen verrichten dann hochwertige Operationsverstärker in Zusammenarbeit mit besten Kondensatoren und rauscharmen Widerständen ihren Dienst. Die Fertigungsqualität verspricht auch dem kritischen Betrachter ein Höchstmaß an Betriebssicherheit und Haltbarkeit.

Ein Blick ins Innenleben zeigt den soliden Geräteaufbau

Strikt getrennt: Links befindet sich die Verstärkersektion, rechts das Schaltnetzteil

Daten und Messwerte

Die Hauptaufgabe eines hochwertigen Phonoverstärkers besteht einerseits darin, das recht schwache Signal des Tonabnehmersystems ohne Verfälschungen auf Line-Niveau hochzusetzen. Andererseits muss der Frequenzgang dieses Signals nach RIAA-Vorgaben „entzerrt“, also korrigiert werden. Ziel ist ein gleichbleibender Pegelverlauf vom Tiefbass bis zu den höchsten hörbaren Tönen. Die Messwerte des Solo nähren die Gewissheit, dass die Elektronik diese Aufgaben glänzend meistert und darüber hinaus noch weit mehr für einen Top-Klang tut. So ist die RIAA-Kurvengenauigkeit mit +/- 0,65 dB im Hörbereich von 30 Hz - 20 kHz beeindruckend gut und die Signalverfälschung (Klirrfaktor) mit < 0,0025 % verschwindend gering.

Das Signal-Rauschverhältnis von mehr als 90 dB kann sich ebenfalls sehen lassen und verspricht auch in leisen Passagen Musikgenuss ohne störenden Rauschteppich. Eine praxisgerechte Eingangsimpedanz von 47 kOhm und die niedrige Eingangskapazität von lediglich 100 pF (Pikofarad) ermöglichen eine problemlose Ankopplung fast aller MM-Tonabnehmersysteme an den Solo.

Letztlich wurde der Verstärkungsgrad so gestaltet, dass bei 3,3 mV Eingangsspannung 300 mV am Ausgang zur Verfügung stehen. Auch dies dürfte für „normale“ MM-Systeme passend sein, um dem Leistungsverstärker später hohe Pegel zu entlocken.

Der Klang

Im Test fügten wir den Cambridge in unsere sehr neutral spielende Referenzkette, bestehend aus Thorens TD 166 MK6 (Plattenspieler), Magnat RV2 (Röhren-Vollverstärker) und Nubert nuVero 110 (Lautsprecher-Standboxen) ein und begannen mit dem Stockfisch-Album „VINYL COLLECTION VOL.2“, welches durch DMM (Direct Metal Master Cut) beste Signalqualität garantiert.

Meister der Harmonie und Feinzeichnung
Beim Durchhören der einzelnen Stücke stellte sich der Cambridge Solo mit etwas Grundtonwärme vor und erwies sich mit dieser Auslegung als Meister klanglicher Harmonie und Feinzeichnung. So gab er Allan Taylors Stimme in „Let The Musik Flow“ einen zurückhaltenden Charme, sorgte für seidigen Glanz in den Höhen und brachte die Atmosphäre der Aufnahme schön zur Geltung. Der stampfende Bass fügte sich dabei nahtlos in das Musikgeschehen ein und sorgte für ein stabiles Klangfundament. David Munyon versetzte danach die Zuhörer in wohliges Schauern. Wunderbar fließend-rund mit einem Hauch an zartem Schmelz versehen, transportierte der Solo Munyons „Carolina Song“ in den Bauchraum der lauschenden Zuhörer.

Musikalisch und präzise
Cambridge Audio stellt beim Solo unzweifelhaft Musikalität und Wohlklang in den Vordergrund. Wenn dadurch auch ein Quäntchen an tonaler Linearität geopfert wird, bleibt die Klangdarbietung des Solo immer transparent und besitzt das nötige Maß an Präzision. Somit weiß der Cambridge auch bei Klassik sehr zu gefallen. Bei Mozart: „Eine kleine Nachtmusik“ überzeugte der kleine Phono-Amp die Testhörer mit einem hohen Maß an Musikalität und reichhaltiger Klangfarbendarstellung.

Leichte Zurückhaltung in den mittleren Lagen
Wenn der Solo auch jeden Verdacht der Schönfärberei von sich weist, so ist eine betont analytische Klangreproduktion definitiv nicht sein Bestreben. Eine dezente Zurückhaltung in den mittlerer Tonlagen führt dazu, dass dynamisch-fetzige Musik etwas verlieblicht reproduziert wird und Gesangsstimmen mitunter einen Tick Präsenz einbüßen. So konnte das virtuose Gitarrenstück „ Frogs“, von Ralf Illenberger die Tester zwar zu einem anerkennenden Nicken bewegen, die Klänge der akustischen Gitarre wollten in ihrer Dynamik aber nicht so recht begeistern. Einen ähnlichen Eindruck gewannen die Testhörer bei Ry Cooders „I Think It’s Going To Work Out Fine“ von der Direktschnitt-LP „BOP TILL YOU DROP“.

Klangvergleich

Der klangliche Vergleich mit unserem sehr geschätzten Creek EVO MM Vorverstärker-Modul (ähnlicher Preis) machte den Charakter des Cambridge Solo noch einmal besonders deutlich. Während sich der Creek mit hoher tonale Neutralität und plastischen Mitten, aber auch mit einer etwas nüchternen Spielweise präsentierte, wusste der Cambridge vor allem durch seinen geschmeidig-seidigen Klang und einer überaus feinen Hochtondarstellung zu gefallen. Eine leichte Grundtonwärme verhinderte jedoch Bestnoten bei der Neutralität. Unter dem Strich ergab sich somit ein Patt auf hohem Niveau.

Fazit

Cambridge Audio richtet sich mit dem MM Phono-Vorverstärker „Solo“ an den qualitätsorientierten Vinylfreund, der einen Top-Sound für überschaubares Geld realisieren möchte. Im ansprechend gestylten und solide verarbeiteten Gehäuse des Solo arbeiten elektronische Bauteile bester Qualität und verhelfen dem kleinen Amp zu ausgezeichneten Messergebnissen. Die tadellosen elektrischen Werte bilden nicht nur die Basis für einen hervorragenden Klang, sie garantieren auch eine problemlose Eingangs- und Ausgangsanbindung.

Im Klangtest outete sich der Solo als wahrer Meister klanglicher Harmonie und Feinzeichnung. Mit einem leichten Schuss Grundtonwärme versehen, betont er mit seinem geschmeidig-seidigen Klangcharakter den musikalischen Fluss und bildet vor allem Klänge des Hochtonbereichs wunderbar differenziert ab. Durch eine leichte Zurückhaltung in den mittleren Tonlagen rücken jedoch vor allem Männerstimmen etwas nach hinten und fetzige Musik wird ein wenig zu „rund“ dargestellt.

In der Summe spielt der feinsinnige Brite jedoch auf ausgesprochen hohem Niveau und sein sympathisches Klangbild enthält gar einen gewissen Suchtfaktor. Cambridge Audio verlangt für den Solo aktuell lediglich 175 Euro und beweist damit eindrucksvoll, dass ein Phono-Amp der Spitzenklasse kein Vermögen kosten muss.

Bewertung

Die Bewertung aller Kriterien erfolgt bei Technic3D Preisklassen bezogen.
Der Cambridge Solo ist ein Vertreter der MM Phonovorverstärker-Preisklasse um 200 Euro.


Gestaltung und Verarbeitungsqualität 10 / 10 Punkte
Daten und Messwerte20 / 20 Punkte
Klangqualität64 / 70 Punkte

Gesamtbewertung

94 / 100 Punkte
Note:1,2
Testurteil:sehr gut



Bewertungs-Schlüssel:

Punkte: 100 - 91Note: 1,0 - 1,4 Testurteil: sehr gut
Punkte: 90 - 80Note: 1,6 - 2,4 Testurteil: gut
Punkte: 79 - 67Note: 2,6 - 3,4 Testurteil: zufriedenstellend
Punkte: 66 - 50Note: 3,6 - 4,4 Testurteil: mäßig
Punkte: 49 - 30Note: 4,6 - 5,4 Testurteil: schlecht
Punkte: 29 - 0Note: 5,6 – 6,0 Testurteil: unzureichend